Warum Wrestling in den USA plötzlich systemrelevant ist
In der Coronakrise steht die Sportwelt still. In den USA aber geht nun Wrestling weiter. Es sei "systemrelevant", hat der Bundesstaat Florida entschieden. Das dürfte einen Fan besonders freuen: Donald Trump.
In Zeiten der Covid-19-Pandemie wird ein Wort besonders häufig genutzt: "systemrelevant". Im Kern geht es um Berufe oder Dienstleistungen, die besonders wichtig sind, die geschützt werden müssen, damit das Alltagsleben trotz Corona weiter funktioniert. Mediziner gehören dazu, Kassierer im Supermarkt, die Feuerwehr, Erntehelfer. Alles wichtige Jobs. Keine Diskussion.
Auch in den USA, wo das Coronavirus besonders wütet, gibt es dieses Konzept der Systemrelevanz: "essential business" heißt es dort. Und im Bundesstaat Florida zählt zur Liste der systemrelevanten Geschäfte inzwischen auch: Wrestling, die Kampfsportart, bei der vor allem eine gute Show im Mittelpunkt steht.
Die Livesendung "RAW" verfolgen jede Woche knapp zwei Millionen Menschen in den USA. Der Jahreshöhepunkt Wrestlemania gehört zu den lukrativsten Sportevents der Welt. Viele US-Serien sind voll mit Anspielungen auf Wrestling. Nur: Ist der Sport deswegen auch systemrelevant?
Floridas Gouverneur Ron DeSantis findet, ja: "Die Leute sind hungrig nach Inhalten. Wenn wir sie schon zu Hause lassen, dann brauchen sie wenigstens frischen Content. Deswegen müssen wir Sport unterstützen", sagte der Politiker der Republikanischen Partei auf einer Pressekonferenz am Mittwoch, auf der er verkündete, dass die berühmte Wrestlingliga WWE nun wieder Sendungen aufzeichnen darf. Sie hat ihren Sitz in Florida, produziert wird in der Trainingshalle. "Im Wrestling stehen nur wenige Menschen im Ring", sagte DeSantis. Die Ansteckungsgefahr sei dadurch gering.
Laut eines offiziellen Schreibens DeSantis' gilt die Systemrelevanz prinzipiell für alle Sportarten in Florida. Allerdings ist das Wrestling im Moment der einzige Sport, in dem der Betrieb läuft. Die Ligen im Eishockey, Basketball und Baseball etwa sind unterbrochen. In der Pressekonferenz sprach DeSantis davon, bezüglich der Sportarten "von Fall zu Fall" entscheiden zu wollen.
Die Figur des Wrestlings: Vince McMahon
So weit, so kurios, so viele offene Fragen. Florida ist praktisch der Linie gefolgt, die der US-Präsident zuletzt vorgegeben hatte. "Ich habe keine Lust mehr auf Baseballspiele, die 14 Jahre alt sind. Wir brauchen unseren Sport zurück", hatte Donald Trump in einem Statement erklärt. Über 200 Experten aus der Welt des Sports sollen in den kommenden Wochen daran arbeiten, dass die Rückkehr des Sports gelingt, darunter MLB-Commissioner Rob Manfred, NHL-Boss Gary Bettman oder NFL-Chef Roger Goodell.
Aber zum Expertenteam gehört eben auch Vince McMahon, der Chef der Wrestlingliga WWE, ein Unternehmer, ein Multimilliardär. Er spielt den Schreihals und ist aktiver Teil seiner WWE-Shows, er ist einer dieser Menschen, die die Sportbühne nutzen, um sich zu inszenieren, um auch abseits des Sports Einfluss nehmen zu können. McMahon und seine Frau Linda haben Einfluss, denn sie sind nicht nur schwerreich, sie sind auch enge Freunde des US-Präsidenten. Als Trump die Namen seines Expertenteams aus dem Sport verkündete, nannte er McMahon "The Great Vince McMahon". Als würde er einen Wrestlingkämpfer für den Fight gegen das Coronavirus ankündigen.
Dass Trump ein großes Interesse für das Wrestling hegt, ist seit den Achtzigerjahren bekannt. 1988 und 1989 fand McMahons Wrestlemania jeweils im TrumpPlaza in Atlantic City statt. Bei der Wrestlemania 2007 stiegen Trump und McMahons beim "Battle of the Billionaires" sogar selbst in den Ring, allerdings haben Vertreter für sie gekämpft. Wenn nun also die Wrestling-Show selbst während der Coronakrise weitergeht, dann dürfte das auch im Sinne des Wrestling-Fans Trump sein.