Trump beansprucht in Coronakrise «allumfassende Macht»
Im Streit über eine Lockerung der Corona-Maßnahmen wird der Ton schriller: US-Präsident Trump reklamierte für sich die Entscheidungshoheit. Die Antwort von New Yorks Gouverneur kam prompt. Und sie war deutlich.
Erneut sind in den USA 1500 Menschen binnen 24 Stunden an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben. Die Gesamtzahl der registrierten Fälle nähert sich der Marke von 600.000. Während Ärzte und Klinikpersonal noch gegen das Virus ankämpfen, ist die Pandemie in Washington längst zu einem Politikum geworden. Präsident Donald Trump nutzt die täglichen Briefings im Weißen Haus gerne als Wahlkampfveranstaltung, Journalisten kritischer Medienhäuser müssen sich oft Tiraden des Commander in Chief anhören.
Im jüngsten dieser Pressetermine ging es um eine mögliche Lockerung der Einschränkungen des öffentlichen Lebens in den USA. Präsident Trump reklamierte dabei die Entscheidungshoheit für sich. Er habe bei der Frage der Wiederöffnung Amerikas infolge der Epidemie die "allumfassende Macht", sagte er am Montagabend (Ortszeit) im Weißen Haus.
In Wahrheit ist die Macht eines US-Präsidenten verfassungsrechtlich jedoch durch die Gewaltenteilung und den Föderalismus begrenzt.
Trump reagierte mit seiner Behauptung auf Äußerungen von Gouverneuren mehrerer US-Bundesstaaten, die erklärt hatten, sich bei der Aufhebung der von ihnen verhängten Beschränkungen untereinander abstimmen zu wollen. Er betonte: "Wenn jemand Präsident der Vereinigten Staaten ist, hat er allumfassende Macht."
In den USA haben wegen des Virus inzwischen fast alle Bundesstaaten eigene Ausgangsbeschränkungen erlassen. Trumps Regierung hat zudem für das ganze Land Vorsichtsmaßnahmen empfohlen, die noch bis Ende April gelten sollen. Trump sagte, er werde bei der Entscheidung zu einer Lockerung eng mit den Gouverneuren zusammenarbeiten.
Deutliche Widerworte kommen aus New York
Der Gouverneur des besonders betroffenen Bundesstaats New York, der Demokrat Andrew Cuomo, widersprach Trump dann auch entschieden. "Der Präsident hat keine allumfassende Macht. Wir haben eine Verfassung, wir haben keinen König", sagte Cuomo dem Nachrichtensender CNN. Auch eine landesweite Krise setze die Verfassung nicht außer Kraft, sagte er.
Der Republikaner Trump will die Beschränkungen wegen der sich abzeichnenden schweren Wirtschaftskrise möglichst bald wieder lockern. Cuomo hatte am Montag erklärt, er und seine Kollegen aus fünf anderen nordöstlichen Bundesstaaten würden sich bei Entscheidungen zu einer Lockerung der Beschränkungen eng abstimmen. Die übrigen Bundesstaaten waren New Jersey, Connecticut, Pennsylvania, Rhode Island und Delaware. An der Westküste wollte sich Kalifornien mit mehreren Staaten abstimmen.
In dem Pressetermin ließ Trump außerdem in einem Video einen Zusammenschnitt von Aussagen zahlreicher Menschen - darunter Gouverneure, Gesundheitsexperten und Journalisten - abspielen, die seine Arbeit in der Krise lobten.
"Wir können Ihnen Hunderte solcher Clips zeigen", sagte Trump. "Es ist sehr traurig, wenn Leute falsche Geschichten schreiben." Niemand erkenne an, was in den vergangenen Wochen geleistet worden sei. Trump bezog sich direkt auf einen Artikel der "New York Times" vom Wochenende, in dem das zögerliche Handeln des Weißen Hauses dokumentiert worden war.
Journalisten im Raum warfen Trump vor, Regierungsmitarbeiter hätten ein Video im Stil von Trumps Wahlkampfteam produziert. CNN fasste die Pressekonferenz mit folgenden Worten zusammen: "Wütender Trump verwandelt Briefing in Propaganda-Sitzung".
Wie geht es mit Doktor Fauci weiter?
Und schließlich beschäftigt noch eine Personalie das politische Washington: Doktor Anthony Fauci. Trump mag es nicht, wenn er das Rampenlicht teilen muss. Das ist kein Geheimnis. Noch weniger mag es der US-Präsident, wenn er von Untergebenen öffentlich kritisiert wird. Da überrascht es kaum, dass in den USA derzeit munter über die berufliche Zukunft Faucis spekuliert wird.