Öl-Schock wegen Corona: Donald Trump und sein wirkungsloser Deal
Mit einem internationalen Pakt wollte Donald Trump den Crash am Ölmarkt aufhalten. Doch statt zu steigen, fallen die Preise in den USA immer tiefer. Das schwarze Gold wird zur Ramschware.
Donald Trump war in Siegeslaune. "Der große Öl-Deal mit OPEC Plus ist durch", twitterte er am Sonntag vor einer Woche. "Das wird Hunderttausende Energie-Jobs in den Vereinigten Staaten retten." Um Amerikas Erdölindustrie vor dem Kollaps zu bewahren, hatte sich der US-Präsident mit dem von Saudi-Arabien geführten Opec-Kartell und Russland eingelassen - und die größte Produktionskürzung in der Geschichte vereinbart, obwohl er selbst im eigenen Land keine Förderstopps anordnen darf. Trump hatte nur ein Ziel: den seit Wochen tobenden Crash an den Rohölmärkten endlich zu stoppen.
Doch das Manöver verfehlte sein Ziel. Der Ölpreis bricht immer weiter ein. Gerade in den USA. Am Freitag kostete ein Barrel (159 Liter) der amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Mai zeitweise nur noch 17,31 US-Dollar, so wenig wie seit 18 Jahren nicht mehr. Seit Trump die Rettung der Energieindustrie verkündet hat, ist der WTI-Kurs nochmals um rund ein Viertel eingebrochen.
Trumps "großer Deal" ist viel zu klein in Zeiten der Corona-Pandemie. Zusammen sollen die OPEC, Russland und US-Unternehmen ihre Produktion um rund zehn Millionen Fass pro Tag senken. Der globale Verbrauch hingegen wird im April um 29 Millionen Fass pro Tag niedriger sein als im April 2019, prognostiziert die Internationale Energieagentur. Die lahmende Wirtschaft braucht schlicht deutlich weniger Öl. "Vielen Marktteilnehmern wird gerade bewusst, wie schwer die US-Wirtschaft von dieser Pandemie betroffen ist", sagt Dora Borbély, Rohstoffexpertin der DekaBank. Und so geht nun eine neue Angst um: dass die Lager bald nicht mehr reichen, um den überflüssigen Brennstoff noch zu speichern.
"Im Moment ertrinkt die Welt im Öl", sagt Stefan Graber, Chef-Rohstoffstratege der Credit Suisse. "Die vereinbarten Produktionskürzungen sollen erst im Mai beginnen - aber im Moment kommen noch Lieferungen vom März an. Es kann passieren, dass es nicht mehr genug Lagerkapazitäten gibt, bis die Kürzungen Wirkung zeigen."
Die Blicke von Produzenten, Verbrauchern und Spekulanten richten sich nun auf die "Pipeline-Kreuzung der Welt". So tituliert sich Cushing, Oklahoma: der zentrale Handelsplatz für WTI. Keine 8000 Menschen leben in dem kleinen Präriestädtchen, aber rund herum stehen Hunderte gigantische Öltanks. Und die füllen sich rapide auf, seit viele US-Bundesstaaten und -Gemeinden die Corona-Lockdowns beschlossen haben. Zwischen dem 27. März und dem 10. April - neuere Daten liegen nicht vor - verringerten sich die freien Kapazitäten von 35 Millionen auf 23 Millionen Fass. Geht es in diesem Tempo weiter, sind alle Lagertanks von Cushing Anfang Mai voll.
Wohin mit dem Zeug?
In der Ölindustrie herrsche "Verzweiflung", sagt Marktexpertin Borbély. Schließlich lässt sich die Produktion vielerorts nicht einfach von heute auf morgen herunterfahren. Erst recht nicht beim in den USA weit verbreiteten Fracking-Verfahren, wo das Gestein tief im Boden mithilfe eines Wasser-Sand-Chemikalien-Gemischs unter hohem hydraulischen Druck aufgebrochen wird. Viele Fracker haben keine Erfahrung - sie haben noch nie die Produktion wochenlang gestoppt und dann später wieder hochgefahren. Und so verramschen sie lieber ihren Stoff: In der texanischen Fracking-Hochburg Midland kostete das Fass WTI zuletzt zeitweise nur noch 10 Dollar. Weniger als ein "Southern Bell Brown Ale" im "Midland Beer Garden".