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Kommt ein Syrer nach Rotenburg (Wümme): So löse ich das Oster-Dilemma

12 апреля
04:42 2020

Syrische Freunde fragen mich oft: "Meinst du wirklich, du könntest jemals ein Deutscher werden?" Ich habe einen Weg gefunden - das hilft mir auch an Ostern.

Samer Tannous war Hochschuldozent in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Seit Dezember 2015 lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern im niedersächsischen Rotenburg (Wümme) und arbeitet dort als Französischlehrer. Für den SPIEGEL schrieb er über seine Versuche, die Sitten seiner neuen deutschen Heimat zu verstehen - die gesammelten Kolumnen sind vor Kurzem als Buch erschienen.

Die arabische Art, einem anderen zu einem Feiertag alles Gute zu wünschen, ist: "Wir hoffen, dass dieses Fest zu uns, zu euch und zu allen mit allem Segen wiederkommt."Hier schimmert die kollektivistische Prägung der arabischen Kultur durch: Man spricht von "uns" und "euch" statt von "dir" und "mir".

Und zu Ostern kommt jedes Jahr die Frage auf die arabischen Christen zu: Welches Datum feiern wir? Das westliche oder das östliche Osterfest? Unsere Familie gehört der orthodoxen Kirche an. Und der Kalender der "östlichen", orthodoxen Kirche unterscheidet sich etwas vom Kalender des "westlichen" Christentums. Das orthodoxe Kirchenjahr beginnt etwas verspätet, und so verschieben sich manchmal auch die christlichen Feiertage um eine oder mehrere Wochen. Welches ist nun das "richtige" Osterfest für uns als orthodoxe Christen, die hier in Deutschland meist in die katholische Kirche gehen? Die Antwort hat auch etwas mit Integration zu tun.

Mit meiner Mutter, die auch mit uns in Deutschland lebt, hatte ich schon eine kontroverse Diskussion darüber. Sie wollte den Palmsonntag (eine Woche vor Ostern) nicht mit den deutschen Katholiken feiern, sondern eine Woche später, wenn der Rest der Deutschen schon das Osterfest feiert. Dieses Osterfest wollte sie wiederum eine Woche später, am "weißen Sonntag", feiern.

Ich dagegen fand, man müsse sich hier integrieren, auch was die Feiertage angeht. Auf diese Weise kann man dieses Fest gemeinsam mit den Deutschen feiern. Vielleicht ist es auch eine Generationsfrage. Für meine 74-jährige Mutter ist es sicher schwieriger als für mich mit 49, sich diesbezüglich umzugewöhnen. Für meine kleinen Töchter dagegen wird es später wohl selbstverständlich sein, Ostern am gleichen Datum wie die Deutschen zu feiern.

Nun ist der Ostertermin nur ein Datum, aber er brachte mich erneut ins Grübeln über den Umgang vieler Araber mit dem Thema Integration allgemein. Nach meiner Beobachtung ist der Großteil der Araber kulturell viel konservativer als die meisten Deutschen.

Schon früher in Syrien ist mir aufgefallen, wie interessiert deutsche Touristen an der arabischen Kultur waren. Sie fuhren in Bussen nach Aleppo und Palmyra und saugten viele kleine kulturelle Besonderheiten meines Heimatlandes mit Interesse auf. Das Verhalten arabischer Touristen im Ausland dagegen ist nach meiner Beobachtung meist weniger interessiert. Und das Verhalten vieler Araber, die dauerhaft im Ausland leben, erst recht. Das Interesse an der Gesellschaft und der Kultur ihres Gastlandes ist leider selten besonders ausgeprägt.

Das bemerke ich auch beim Essen. Deutsche besuchen mit Freude Restaurants mit internationaler Küche. Selbst hier im kleinen Rotenburg gehen sie oft in italienische, griechische oder asiatische Restaurants. Wahrscheinlich sogar häufiger als in deutsche Gaststätten. Sie lieben die Vielfalt und genießen es, neue Erfahrungen zu machen. Aber wie oft sieht man in diesen Restaurants arabische oder türkische Zuwanderer? Sie gehen in der Regel zu Freunden oder in arabische bzw. türkische Restaurants zum Essen.

Aus einem Feiertag mache ich zwei

Sie kaufen meist in türkischen Läden die Zutaten für ihr Essen. Ich höre meine deutschen Leser jetzt erwidern: "Tja, das deutsche Essen ist halt auch nicht so toll." Aber glauben Sie mir: Dieses Verhalten liegt keineswegs daran, dass die arabische Küche grundsätzlich besser ist als die deutsche. Es hat etwas mit der interkulturellen Aufnahmefähigkeit zu tun. Viele meiner arabischen Bekannten hier in Deutschland haben noch nie wirklich deutsches Essen probiert. Wenn sie eines Tages nach Syrien zurückkehren sollten und man sie dort nach ihren Erfahrungen mit der deutschen Küche fragt, hätten sie kaum etwas zu berichten. Sie könnten Begriffe wie "Spargel" und "Kartoffelsalat" nennen, die sie in ihren Deutschkursen gelernt haben. Aber probiert haben sie es nicht. Deutsche sind da kulturell meist viel offener.

Syrische Freunde fragen mich oft: "Meinst du wirklich, du könntest jemals ein Deutscher werden? Wirst du im Herzen nicht stets ein Syrer bleiben, selbst wenn du dich irgendwann einbürgern lässt?" Meine Antwort: "Vielleicht werde ich von beidem ein bisschen sein. Das hat Vorteile." Wenn bei uns zum Ostertermin die Frage auftaucht: "Bin ich noch orthodox oder schon katholisch?", kann ich über diesen Unterschied lächeln. Ich feiere einfach an beiden Terminen. Aus einem Feiertag mache ich zwei. Wie beim Geburtstag meiner Frau, den ich schon in einer früheren Kolumne beschrieben habe.

Nur alle vier Jahre liegt der Termin des östlichen Osterfestes auf dem des westlichen Osterfestes. Aber im Alltag zwischen Deutschen und Zuwanderern treffen Ost und West täglich aufeinander. Wie schön wäre es, wenn es gelänge, dieses Aufeinandertreffen produktiv zu nutzen und das jeweils Positive der anderen Kultur zu sehen. Ich liebe den deutschen Brauch, zu Ostern die Vorgärten mit Ostereiern zu schmücken und die Häuser mit Blumen und Forsythien. Das erinnert mich an meine Kindheit.

Auch bei uns in den syrischen Bergen war es Brauch, zur Osterzeit in die Wälder zu gehen und Forsythienzweige zu sammeln. Diese Zweige wurden in der Osternacht zu Hause ins Wasser gelegt. Am Ostermorgen wuschen wir uns dann mit diesem Wasser das Gesicht. Vielleicht macht das die heutige Generation syrischer Christen nicht mehr, aber für mich ist es eine schöne Kindheitserinnerung. Vielleicht mache ich das jetzt am Ostersonntag wieder so.

Aufgezeichnet von Gerd Hachmöller

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