Coronavirus und Pflegekräfte: Applaus allein reicht nicht — Kommentar
Der Tag wird hoffentlich kommen, an dem wir uns nicht mehr die Frage stellen müssen, ob wir Omas Leben aufs Spiel setzen, wenn wir sie im Pflegeheim besuchen. Irgendwann wird das Land wohl zum Alltag zurückkehren. Die Sehnsucht nach Normalität ist jedenfalls groß.
Doch mindestens in einem Bereich unserer Gesellschaft darf es keinen Weg zurück geben: Was wir über Jahre als normale – nämlich bescheidene – Entlohnung von Pflegefachkräften angesehen haben, sollte nie wieder normal sein. Das ist schon jetzt eine der wichtigsten Lehren aus der Coronakrise.
In Deutschland hat man sich daran gewöhnt, dass vor allem diejenigen einen guten Lohn verdienen, deren Produktivität sich in exportierbaren Gütern messen lässt. Dass eine ausgebildete Fachkraft in der Automobilindustrie fast doppelt so viel an Jahresbrutto erhalten kann wie eine examinierte Fachkraft in der Altenpflege – wir hielten das für üblich. Dabei ist es nicht weniger als ein Skandal. Und wir alle haben ihn mitverschuldet. Das neue Auto gilt weiten Teilen der Bevölkerung auch heute noch als Statussymbol, für das man gern einen Euro mehr zahlt. Wer aber hätte das bis vor Kurzem über Omas Heimplatz gesagt? Pflege sollte vor allem eines sein: nicht zu teuer.
