Coronavirus: Australien fordert Untersuchung des weltweiten Umgangs mit Corona-Krise
Harsche Kritik an der Weltgesundheitsorganisation: Australiens Außenministerin Payne stellt wie US-Präsident Trump das Krisenmanagment der WHO infrage.
Australien hat eine unabhängige Untersuchung des weltweiten Umgangs mit der Corona-Pandemie gefordert. Auch das Vorgehen der Weltgesundheitsorganisation WHO müsse auf den Prüfstand, sagte Außenministerin Marise Payne dem öffentlich-rechtlichen Sender ABC. Zudem müsse das Krisenmanagement der chinesischen Regierung zu Beginn des Ausbruchs untersucht werden. Die australische Regierung wolle Details über
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den Ursprung des Virus,
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den Umgang mit der Pandemie
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und die Transparenz bei der Informationsweitergabe.
US-Präsident Donald Trump hatte der WHO kürzlich "Missmanagement" in der Coronakrise vorgeworfen und den Stopp der US-Zahlungen an die Uno-Einrichtung verkündet. Sein Schritt rief weltweit Kritik hervor. Zudem beschuldigte Trump China, das wahre Ausmaß der Krise zu Beginn verschleiert zu haben. Am Samstagabend sagte er auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus, der Virus hätte "in China gestoppt werden können. Das ist nicht geschehen, und die ganze Welt leidet deswegen."
Payne sagte, Australien teile diese Bedenken. Sie sei deshalb auch "nicht sicher", ob die WHO die geforderte Überprüfung leiten sollte. "Das kommt mir vor, als würde man den Bock zum Gärtner machen", sagte die Ministerin.
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Eine Einschätzung zu den Theorien über den möglichen Ursprung des Virus sehen Sie hier von unserem China-Korrespondenten Bernhard Zand:
Australien hat sich nicht an WHO-Empfehlungen gehalten
Australien sei es gelungen, die Ausbreitung des Virus im Land einzudämmen, weil es sich teilweise nicht an die WHO-Empfehlungen gehalten habe, sagte Gesundheitsminister Greg Hunt. Australien hatte als eines der ersten Länder weltweit, ein Einreiseverbot für Reisende aus China verhängt.
Dies sei von der WHO "erheblich" kritisiert worden, habe dem Land aber geholfen, sagte Hunt. Das Vorgehen der WHO bei der Bekämpfung von Krankheiten wie Polio, Masern und Malaria sei gut gewesen, aber ihr Umgang mit der Corona-Pandemie "hat der Welt nicht geholfen", fügte Hunt hinzu.
Die Weltgesundheitsorganisation kontert
Die WHO wehrt sich gegen die Versuche, von Trump und anderen Politikern zum Sündenbock gemacht zu werden. In einem Positionspapier für die an diesem Sonntag stattfindende Videokonferenz der Gesundheitsminister der G20-Staaten wirft die Organisation den Regierungen der Welt schwere Versäumnisse bei der Pandemie-Vorsorge vor, fordert höhere Investitionen und betont ihre globale Führungsrolle in der Seuchenbekämpfung.
Die meisten Staaten weltweit seien schlecht bis mittelmäßig auf Epidemien vorbereitet, heißt es in dem 16-seitigen Papier, das dem SPIEGEL vorliegt. Nur ein Drittel der Länder könne Seuchenausbrüche entdecken und darauf reagieren, aber selbst hochentwickelte Gesundheitssysteme hätten dann nur noch "begrenzte Kapazitäten", grundlegende Leistungen zu erfüllen. In armen Ländern mit schwächeren Systemen werden die Folgen der Corona-Pandemie "verheerend sein", prophezeit die WHO.
Die wichtigsten Punkte aus dem Katalog der Vorwürfe an die Regierungen:
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es mangele an gut ausgebildeten Mitarbeitern und Infrastrukturen in den Gesundheitssystemen,
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die Risikokommunikation könne Falschinformationen sowie nicht wissenschaftlich fundierte Aussagen insbesondere in sozialen Medien nicht effektiv kontern,
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es fehlten robuste Lieferketten und Logistik, um dringend benötigte medizinische Ausrüstung zu beschaffen,
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es mangele an Investitionen in die Erforschung von Krankheitserregern.