Corona-Krise: Norbert Walter Bojans fordert Mehrbelastung für Reiche
Im Koalitionsstreit um Steuersenkungen legt SPD-Chef Walter-Borjans nach. Er fordert, Top-Verdiener stärker zu belangen, um so Menschen mit niedrigen Löhnen zu entlasten.
Um die finanziellen Folgen der Coronakrise zu bewältigen, fordert SPD-Chef Norbert Walter-Borjans eine stärkere Belastung von Menschen mit hohen Einkommen. Wer der Krise "nicht mit einem satten Finanzpolster begegnen" könne, müsse dagegen entlastet werden, sagte Walter Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er bezog sich dabei auf Arbeitnehmer, Kurzarbeiter, Rentner und Gewerbetreibende. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellte eine baldige Anhebung des Kurzarbeitergeldes in Aussicht.
SPD-Co-Chefin Saskia Esken hatte vor Kurzem bereits eine Sonderabgabe für Wohlhabende ins Spiel gebracht. Die einmalige Abgabe sei "eine der Möglichkeiten, die Staatsfinanzen nach der Krise wieder in Ordnung zu bringen", sagte Esken.
Absage an schwarze Null
Geht es nach Walter-Borjans, sollen die Entlastungen im unteren Einkommensbereich gegenfinanziert werden "mit einem entsprechend höheren Beitrag von Top-Einkommen". Wo nötig, sei auch eine Kreditfinanzierung erforderlich. Zudem sollten Steuerschlupflöcher für Konzerne geschlossen werden. Der schwarzen Null im Bundeshaushalt erteilte er eine Absage: Diese "wäre in diesen Zeiten Gift".
Durch die Coronakrise wird für den Bund eine massive finanzielle Belastung aufgrund höherer staatlicher Ausgaben und zugleich geringerer Einnahmen erwartet. Auf mehr als eine Billion Euro summiert sich das staatliche Hilfspaket, das die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abfedern soll. Für das laufende Jahr hat die Bundesregierung bereits eine zusätzliche Kreditaufnahme von 156 Milliarden Euro wegen der Krise beschlossen. Ob dies ausreicht, gilt als fraglich.
"Barer Unsinn"
CSU-Chef Markus Söder hatte vorvergangene Woche Steuersenkungen ins Spiel gebracht, um die Wirtschaft zu stabilisieren, auch die Forscher der Nationalakademie Leopoldina griffen in ihrem Fahrplan steuerliche Entlastungen auf. "Der Soli muss schneller und für alle abgeschafft werden", sagte Söder der "Bild am Sonntag". "Darüber hinaus sollten wir die Einkommensteuer insgesamt absenken, damit möglichst viele Arbeitnehmer mehr Geld in der Tasche haben." Mit seiner Forderung löste er neuen Zwist in der Koalition aus.
Walter-Borjans wandte sich nun gegen Forderungen nach niedrigeren Steuern auch für Reiche. "Steuersenkungen für Millionäre, wie sie CDU, CSU und FDP fordern, sind deshalb barer Unsinn", sagte er. Der Staat werde in den nächsten Jahren mehr und nicht weniger Geld brauchen, auch für geplante Investitionen in Bildung, Verkehr, Digitalisierung und Klimaschutz.
Auch der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte eine stärkere Beteiligung der Reichen an der Finanzierung der Krisenkosten. In der "Bild"-Zeitung schlug er einen "Lastenausgleich" vor und erinnerte damit an entsprechende Regelungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Falsch wäre es auf jeden Fall, dass "wir auf einmal wieder bei sozialen Kürzungen landen, weil wir sonst nicht wissen, wie wir es schaffen sollen", sagte Gabriel.
Heil will Kurzarbeitergeld aufstocken
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", er erwarte, dass wegen der Coronakrise mehrere Millionen Menschen "in Kurzarbeit sind oder gehen werden". Es seien deutlich mehr Branchen betroffen als bei der Finanzkrise von 2008/2009, vor allem in der Gastronomie und im Tourismus. Die Kurzarbeit sichere zwar "Millionen von Arbeitsplätzen".
Jedoch bedeute die Kurzarbeit nicht nur für Geringverdiener, sondern auch für Facharbeiter einen erheblichen finanziellen Einbruch. Heil stellte sich hinter Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die staatlichen Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld von 60 auf 80 Prozent der Nettoeinbußen (87 Prozent bei Arbeitnehmern mit Kindern) für die Monate Mai, Juni und Juli aufzustocken. "Die Forderung des DGB ist plausibel", sagte er.