Corona-Krise: Insolvenzverwalter Christopher Seagon fordert neue Treuhandanstalt
Christopher Seagon hat als Insolvenzverwalter viele Unternehmen durch Krisen begleitet. Was rät er den von Corona betroffenen Firmen und der Politik?
SPIEGEL: Herr Seagon, wie oft werden Sie gerade gefragt, ob Sie die Insolvenz eines Unternehmens begleiten können?
Seagon: Das Telefon klingelt bei meinen Partnern und mir ständig. Inzwischen nehmen die Fragen nach den Möglichkeiten eines Insolvenzverfahrens deutlich zu. In erster Linie geht es aber um Beratung: Wie komme ich jetzt möglichst schnell an Geld, damit ich die Liquiditätsprobleme überwinde? Die Fragen kommen von Betrieben jeder Größe und aus fast allen Branchen. Von allen, denen durch die Vollbremsung der Wirtschaft über Nacht die Einnahmen weggebrochen sind.
SPIEGEL: Wen trifft es besonders hart?
Seagon: Im stationären Einzelhandel und in der Gastronomie ist die Lage dramatisch. In beiden Branchen bleibt die Kasse gerade leer, und die Eigenkapitalquoten sind im Vergleich nicht sonderlich üppig. Es fehlt an Geld, um auch nur ein paar Wochen zu überbrücken. Auch bei Hotels, Taxiunternehmen und im Tourismus insgesamt ist die Krise akut. Es trifft in der Folge viele, die von globalen oder europäischen Lieferketten abhängen, etwa Mittelständler in der Automobilzulieferindustrie oder im Maschinenbau. Ich befürchte, dass mittelfristig so gut wie alle Industriezweige betroffen sein werden – mal abgesehen von Teilbereichen in Medizintechnik, Pharma oder Onlinehandel. Die arbeiten teils am Anschlag ihrer Kapazität.