Corona-Krise in den USA: Die Allmachtsphantasien von Donald Trump
US-Präsident Trump liefert sich einen Streit mit den Gouverneuren über die Frage, wer die Beschränkungen in der Coronakrise aufheben darf. Die Rechtslage ist klar - aber es geht um mehr.
Nach all der Aufregung gab sich Donald Trump gönnerhaft: "Ich werde mit jedem der 50 Gouverneure sprechen, und ich werde jeden einzelnen Gouverneur jedes einzelnen Staates dazu bevollmächtigen, die Wirtschaft wieder zu öffnen", sagte er.
Das klang auf einmal sehr großzügig. Die Gouverneure sind allerdings der Meinung, dass sie keine Erlaubnis des Präsidenten benötigen. Es war eine neue Phase in einem merkwürdigen Streit, der in den USA über die Frage entbrannt ist, wer die wegen des Coronavirus verhängten Einschränkungen aufheben darf.
Vom Zaun gebrochen hat ihn, wie könnte es anders sein, Trump selbst. Er hat eine klare Auffassung davon, was er darf und kann, nämlich alles. "Wenn jemand der Präsident der Vereinigten Staaten ist, ist seine Macht allumfassend. Und so muss es sein. Allumfassend", sagte er am Montag bei einem seiner berüchtigten Corona-Briefings im Weißen Haus.
Wer entscheidet über die Rückkehr zur Normalität?
Demnach ist es allein der Präsident, der entscheidet, ob die Geschäfte wieder geöffnet werden und die Leute auf die Straße dürfen.
Die Gouverneure sind nach dieser Auffassung nur ausführende Organe des Allmächtigen in Washington. "Sie können nichts machen ohne die Zustimmung des Präsidenten", sagte Trump.
Die Gouverneure sehen das naturgemäß anders. "Wir haben eine Verfassung, wir haben keinen König", sagte der New Yorker Amtsinhaber Andrew Cuomo, ein Demokrat. Auch prominente Republikaner haben Probleme mit der Rechtsauffassung ihres Präsidenten: "Ich verstehe die Verfassung anders", sagte der Gouverneur von Maryland, Larry Hogan.
Unter Rechtsexperten findet sich kaum einer, der die Ansicht Trumps teilt. Nicht nur liberale Juristen sind skeptisch. "Der Präsident hat nicht die Macht, Staaten anzuweisen, ihre Wirtschaft zu öffnen, wenn sie glauben, dass das dem öffentlichen Wohl schadet", sagte der Rechtsprofessor Jonathan Turley der "New York Times". Turley hatte im Impeachmentverfahren gegen eine Amtsenthebung Trumps plädiert.
Trump geht es allein um die Wiederwahl
Um rechtliche Feinheiten dürfte es Trump allerdings nicht gehen. Er agiert in der gesamten Coronakrise von Anfang an so, als sei für ihn nur die Frage von Belang, wie er seine Wiederwahl im November sichern kann.
So lässt sich auch ein offenkundiger Widerspruch erklären: Trump beharrt zwar auf der präsidialen Macht. Er hat sie in der aktuellen Situation aber nur sehr zögerlich eingesetzt.
Es gibt Empfehlungen des Weißen Hauses zum Verhalten in der Krise. Die konkreten Anordnungen aber kamen von den Gouverneuren.
Trump hat großen Wert darauf gelegt, nicht für die Schließung von Geschäften und die Ausgangssperren verantwortlich zu sein. Negative Entscheidungen sollen andere treffen.
Der Präsident dagegen hat immer wieder deutlich gemacht, dass er gern schneller zur Normalität zurückkehren möchte, als seine Experten und die Verantwortlichen der am stärksten betroffenen Staaten wie New York, Washington oder Kalifornien es für richtig halten.
Dass Trump gerade jetzt einen überflüssigen Streit vom Zaun bricht, ist kein Zufall. Es ist gerade keine gute Zeit für den Präsidenten.
"New York Times" und "Washington Post" haben ausführlich dokumentiert, welche Versäumnisse sich Trump in der Krise geleistet hat. Sein oberster Epidemiologe Anthony Fauci hat eingeräumt, dass die Regierung Menschenleben hätte retten können, wenn sie früher gehandelt hätte. Und die Zustimmungswerte des Präsidenten sinken auch.
Am Ende wird es so sein wie immer
Zudem hat sich eine Gruppe von Gouverneuren zusammengetan, um das weitere Vorgehen in der Krise zu koordinieren. Das war am Ende der Auslöser für Trumps Äußerungen. Er hat den Staaten zwar die Entscheidung über harte Maßnahmen gegen das Virus überlassen. Die Rückkehr zur Normalität aber sollen die Bürger mit dem Präsidenten verbinden.