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Corona-Krise: Das zweite Virus heißt Nationalismus

16 апреля
05:02 2020

Der chinesische General Sun Tzu gilt als einer der größten Philosophen des Krieges. Wer in der Schlacht siegreich sein will, so schrieb er im 6. Jahrhundert vor Christus, müsse vor allem einen Rat beherzigen: "Säe Zwietracht zwischen deinen Feinden."

Wer die Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf den Angriff des Coronavirus unter die Lupe nimmt, könnte auf die Idee kommen, der Erreger sei bei Sun Tzu in die Lehre gegangen. Statt sich der Pandemie in einer großen Solidaraktion geschlossen entgegenzustellen, kämpfen die politischen Führer in den USA, China und Europa verbissen gegeneinander – aus Egoismus, Prinzipienreiterei und Ideologie. Sie geben sich gegenseitig die Schuld an der Seuche, streiten über Finanzhilfen, beschränken den Handel und behindern die Arbeit jener Organisationen, die sie zuvor mit der gemeinsamen Pandemiebekämpfung beauftragt haben. Es scheint, als habe das Coronavirus einen starken Verbündeten gefunden: den übersteigerten Nationalismus.

Bei der Finanzkrise vor zwölf Jahren war es den 20 größten Industrieländern noch gelungen, sich im Kampf gegen die bis dahin schlimmste Rezession der Nachkriegszeit auf gemeinsame Grundsätze zu einigen. Diesmal können sie sich nicht einmal über den Handel mit Atemschutzmasken verständigen. Das Virus ist blind für Rasse, Religion oder Nationalität. Für die führenden Staaten dagegen scheint es inmitten eines weltweiten Seuchenzugs vor allem darum zu gehen, alte Differenzen zu pflegen.