Annegret Kramp-Karrenbauer: Streit um Kampfjets — Ministerin für Selbstverteidigung
Nach scharfer Kritik vom Koalitionspartner SPD hat Annegret Kramp-Karrenbauer ihren umstrittenen Kampfjet-Deal mit den USA gerechtfertigt. Die Mail ans Pentagon wollte sie den Abgeordneten jedoch nicht vorlegen.
Fast 90 Minuten lang musste Annegret Kramp-Karrenbauer am Mittwochvormittag im Verteidigungsausschuss ihr eigenwilliges Vorgehen bei der Auswahl neuer Kampfjets für die Bundeswehr rechtfertigen. Das Ministerium will die überalterte "Tornado"-Flotte durch bis zu 93 "Eurofighter" von Airbus und 45 Kampfflugzeuge vom Typ F-18 des US-Herstellers Boeing ersetzen.
Hinter verschlossenen Türen beteuerte die Noch-CDU-Chefin, sie habe am vergangenen Donnerstag mit einer Mail an ihren US-Amtskollegen Mark Esper keineswegs eine deutsche Kaufzusage für die 45 amerikanischen F-18 kommuniziert. Das Schreiben, über das der SPIEGEL am vergangenen Sonntag berichtete, hatte beim Koalitionspartner für erhebliche Ärger gesorgt.
In der SPD-Fraktion wird der Verteidigungsministerin vorgeworfen, sie habe mit ihrer Mail an die Amerikaner vollendete Tatsachen schaffen wollen, ohne die Sozialdemokraten vorher einzubinden. Die SPIEGEL-Veröffentlichung sorgte am Sonntagnachmittag für eilige telefonische Schadensbegrenzung der Ministerin, die nun zum ersten Mal SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Fritz Felgentreu, den verteidigungspolitischen Sprecher der Partei, über ihre Auswahlentscheidung informierte.
Vor dem Verteidigungsausschuss versuchte die Ministerin, die Bedeutung der Mail herunterzuspielen. Sie selbst habe gar nicht an Esper geschrieben, so Kramp-Karrenbauer, sondern ihr Büro. Dabei sei es um die Vorbereitung für ein Telefongespräch mit dem Pentagon-Chef gegangen, das dann am Montag stattfand.
Kramp-Karrenbauer will Mail nicht vorlegen
Auf mehrmalige Nachfrage bestritt die Ministerin, dass es sich bei der Mail um einen offiziellen "Letter of Intent" gehandelt habe, mit dem formal Kaufverhandlungen zwischen dem Berliner Verteidigungsministerium und dem Pentagon eingeleitet werden. FDP und Grüne forderten Kramp-Karrenbauer auf, die Mail dem Ausschuss vorzulegen, doch die Ministerin weigerte sich.
Auch den Verfasser des Schreibens wollte sie nicht nennen. Stattdessen wiederholte sie mehrmals, ihr seien die Abläufe von Rüstungsgeschäften bekannt, und ihr sei auch klar, dass es keine Kaufzusage an die Amerikaner ohne vorherige Zustimmung des Bundestages geben könne. Zudem sei den Amerikanern bewusst, dass es bei Nachfolge-Entscheidung für die alternde "Tornado"-Flotte der Luftwaffe innerhalb der Koalition unterschiedliche Sichtweisen gebe.
Esper habe bei ihrem Telefonat sogar ausdrücklich noch einmal gefragt, ob ihre Entscheidung von der SPD mitgetragen werde. Die Antwort der Ministerin auf diese Frage blieb im Ausschuss offen.
Die SPD kritisierte das Vorgehen der Ministerin. Bis heute wisse man nicht, auf welcher Grundlage das Ministerium entschieden habe. "Das ist keine Basis für Zustimmung", sagte der sozialdemokratische Verteidigungspolitiker Felgentreu in der Sitzung. Die Ministerin müsse auch erklären, warum Deutschland nicht wie viele andere Nato-Partner den modernsten US-Jet vom Typ F-35 kaufe und sich stattdessen mit der F-18 "lediglich für das zweitmodernste Flugzeug" entscheide.
In der Union wird es dennoch für unwahrscheinlich gehalten, dass die Sozialdemokraten den Koalitionsstreit um den "Tornado" weiter anheizen. Denn dann würde immer deutlicher, dass die SPD in dieser Frage tief zerstritten sei.
Streit in der SPD über "Tornado"-Nachfolge
Der linke Flügel um Fraktionschef Mützenich will die Nachfolge-Entscheidung möglichst verzögern und so erreichen, dass Deutschland aus der "nuklearen Teilhabe" der Nato ausscheiden muss. Die hängt bisher buchstäblich an dem "Tornado", mit dem im Ernstfall US-Atombomben eingesetzt würden. Die sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder Heiko Maas und Olaf Scholz, aber auch Verteidigungspolitiker wie Felgentreu dagegen bekennen sich zur nuklearen Teilhabe, die den Deutschen Mitsprache beim nuklearen Planungsprozess des Bündnisses garantiert.
Gegenüber dem SPIEGEL drückt ein Sprecher der US-Botschaft nun auf Tempo. Zwar stimme man mit der Entscheidung der Minister überein, so der Sprecher, dass man dringend den "Tornado" durch ein modernes Waffensystem ersetzen und damit die Verpflichtungen Deutschlands gegenüber der Nato und den USA erfüllen wolle. Aber: "Ein schneller Prozess würde sicherstellen, dass diese Fähigkeiten zeitnah geliefert werden können und dabei helfen, amerikanische und deutsche Jobs in dieser schwierigen Phase zu schaffen."