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Ölpreis erstmals negativ: Globaler Nervenkrieg

21 апреля
18:11 2020

Der Preis für eine Ölsorte ist erstmals unter null Dollar gefallen. Das ist spektakulär - vor allem aber Ausdruck eines kurzfristigen Pokerspiels von Händlern und Ölmächten. Der wahre Schock kommt erst noch.

Minus 40 Dollar. Ein negativer Preis. Wer Öl loswerden will, muss noch Geld drauflegen. Der Preis für ein Barrel Leichtöl der US-Sorte WTI, lieferbar im Mai, ist Montagnacht auf diesen spektakulären Tiefpunkt gefallen. Der Negativrekord war vor allem einer Spekulationsblase geschuldet: An diesem Dienstag läuft die Frist für Öllieferungen im Mai aus.

Es ist der Punkt, an dem sich Papieröl in echtes Öl verwandelt. Händler sind nach Ende der Frist verpflichtet, das Öl, das sie auf dem Papier gebucht haben, auch wirklich anzunehmen. Angesichts der weltweiten Lockdowns stehen aber viele Autos, Flugzeuge und Fabriken still. Also wird viel weniger Öl gebraucht als sonst. Das führte Montagnacht dazu, dass Händler versuchten, ihre Ölkontrakte auf den letzten Drücker loszuwerden. Was schließlich den Preis auf sein absurdes Tief drückte. Derzeit notiert er noch immer bei minus vier Dollar.

Der Preissturz bei den Ölpapieren kommt nicht von ungefähr. Er deutet auf einen Systemschock in der realen Ölwelt hin, der sich grob in zwei Phasen einteilen lässt. Momentan läuft Phase eins, die man mexican standoff nennen kann: Eine Situation wie im Western, in der mehrere Cowboys ihre Colts an den Kopf eines anderen Kontrahenten halten - sodass letztlich alle verlieren würden, wenn einer abdrückt.

Der Durchhaltewettbewerb

Am globalen Ölmarkt ist die Lage momentan ähnlich. Ölbosse müssen zwar nicht um ihr physisches Überleben bangen, aber um ihre wirtschaftliche Existenz. Es herrscht ein globaler Nervenkrieg: Firmen fördern mehr Öl als wirtschaftlich sinnvoll ist, in der Hoffnung, dass Konkurrenten zuerst die Produktion drosseln. Sie hoffen auf steigende Marktanteile. Oder zumindest darauf, dass sie länger an ihrer Ölförderung etwas verdienen können als die Konkurrenz.

Neben solch offensiven Motiven gibt es noch defensive Beweggründe, den eigenen Ölhahn nicht zuzudrehen. "Gerade bei älteren Ölfeldern kann der Ölfluss nur mit viel Aufwand stabilisiert werden", sagt Steffen Bukold vom Hamburger Beratungsbüro EnergyComment. "Es könnte sogar geschehen, dass man die Förderung später überhaupt nicht wieder zum Laufen bekommt, weil der Kontakt zum Ölvorkommen unterbrochen ist und der Druck in der Lagerstätte zu weit abfällt."

Laut Bukold gibt es auf der ganzen Welt Ölfelder, die von diesem Problem betroffen sind. Dazu gehören auch ältere Vorkommen in der Nordsee, in Russland oder in Mexiko. "Unternehmen, die solche Felder betreiben, zögern den Produktionsstopp möglichst lange hinaus", sagt Bukold. "Sie werden selbst dann noch eine Zeit lang fördern, wenn die Kosten höher sind als die Erlöse."

Die nordamerikanische Schieferölindustrie hat es da besser. Sie nutzt die sogenannte Fracking-Technologie, bei der Öl unter anderem mit Quarzsand und Wasser unter Hochdruck aus dem Boden gepresst wird, unter anderem in den USA, in Kanada, in Brasilien oder im Kongo. Solche Unternehmen könnten den Ölhahn wohl flexibler zu- und wieder aufdrehen. Theoretisch.

Praktisch drücken solche Firmen oft hohe Kreditlasten. Denn in der noch recht jungen Fracking-Branche bedeutet Wachstum oft Geschwindigkeit und wird auf Pump finanziert. Vielen Schieferölfirmen droht rasch die Pleite, wenn sie die Förderung drosseln und Einkünfte wegbrechen. Entsprechend hartnäckig fracken sie weiter - trotz des gewaltigen Überangebots am Weltmarkt und wohl auch in der Hoffnung, bald Staatshilfe zu erhalten. US-Präsident Donald Trump kündigte am Dienstag an, er werde die US-Ölindustrie niemals im Stich lassen.

Die große Ölflut

Am 12. April wirkten Vertreter der Ölindustrie für kurze Zeit optimistisch. Die globalen Ölmächte hatten sich auf eine weitreichende Kürzung der Ölproduktion geeinigt. Das Opec-Kartell, Russland und US-Unternehmen versprachen, ihre Produktion um rund zehn Millionen Barrel pro Tag senken.

Die Weltproduktion soll so um rund zehn Prozent gedrosselt werden. Es ist die größte gemeinschaftlich vereinbarte Förderkürzung in der Geschichte der Branche. Doch in Zeiten der Corona-Pandemie reicht selbst dieses rekordverdächtige Manöver nicht. Nach Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird der globale Verbrauch im April um 29 Millionen Fass pro Tag niedriger sein als im Vorjahr. Das ist fast dreimal so viel Öl, wie die Opec wegkürzen will.

Vertreter der Ölindustrie hoffen, dass die Nachfrage rasch wieder anzieht, wenn mehr und mehr Staaten ihre Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus lockern und in der Folge die Weltwirtschaft wieder anspringt. Doch diese Hoffnung könnte sich als trügerisch erweisen.

Denn das Virus breitet sich dank der Lockdowns vieler Staaten momentan zwar langsamer aus, verteilt sich dafür aber immer gleichmäßiger an immer mehr Orten. Sobald die Kontaktverbote gelockert werden, droht es, in viel mehr Regionen gleichzeitig durchzuschlagen als bisher. Es könnte zu neuen, immer heftigeren Infektionswellen kommen, warnt der Virologe Christian Drosten.

Mit Blick auf die Weltwirtschaft bedeutet das: Es dürfte noch lange mindestens moderate Maßnahmen zur Eindämmung des Virus geben. Unternehmen und Staaten werden es womöglich schaffen, sich allmählich besser auf den "Tanz" mit dem Virus einzustellen. Die Wirtschaft dürfte trotzdem noch länger beeinträchtigt sein - und die Nachfrage nach Öl entsprechend niedriger bleiben. Ewig aber kann das mexican standoff der Ölkonzerne nicht weitergehen. Denn:

Die Ölspeicher laufen voll

Nach Schätzungen der IEA gibt es weltweit Ölspeicher mit einer Kapazität von 6,8 Milliarden Barrel, wobei ein Barrel 159 Litern entspricht. 60 Prozent dieser Kapazitäten sind inzwischen belegt, Tendenz stark steigend: Laut IEA sind womöglich schon Mitte des Jahres alle verfügbaren Speicher voll.

Regional scheint das längst der Fall zu sein. In Südafrika, Angola, Nigeria, Brasilien sowie in der Karibik drohten die Öllager schon in wenigen Tagen vollzulaufen, berichtet die "New York Times".

"Manche Tanklager, etwa weit im Landesinneren, stehen dem Weltmarkt nur eingeschränkt zur Verfügung", sagt Branchenexperte Bukold. "Andere befinden sich technisch in einem schlechten Zustand oder können nur zum Teil genutzt werden." Hinzu komme, dass das Öl ja erst einmal zu den Tanklagern transportiert werden müsse. Die freie Kapazität auf Tankern aber werde ebenfalls schon knapp - zumal viele Tankschiffe bereits zu schwimmenden Öllagern umfunktioniert worden seien.

Nach und nach werden also immer mehr Firmen gezwungen sein, ihre Produktion doch zu drosseln. Dann beginnt die zweite Phase des Systemschocks: die Neuordnung des globalen Ölmarkts.

Die Stunde von Big Oil

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