Corona-Pandemie: Populismus tötet — Kolumne
Nehmen wir nur die vier prominentesten Vertreter ihrer Zunft: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro verzapfte wochenlang einen solchen Stuss über das Virus, dass ihn die Militärs des Landes nun in die Schranken wiesen. Er hatte die Sorge vor Corona als "Hysterie" und Covid-19 als "Grippchen" bezeichnet. Den Gesundheitsminister, der vor dem Virus warnte, wollte er entlassen. Brasilien ist in Lateinamerika nun mit am stärksten von der Pandemie getroffen.
In Großbritannien setzte Boris Johnson lange auf die Strategie der Herdenimmunität, wonach sich möglichst schnell möglichst viele Briten anstecken sollten. Inzwischen wurde dieses Experiment gestoppt. Und Johnson selbst liegt schwer erkrankt auf der Intensivstation. Möge er rasch genesen.
In den USA versuchte Donald Trump, das Virus mit Twitter zu bekämpfen, indem er immer neue Verharmlosungen postete. "Es gibt 15 Infizierte, und diese 15 werden in ein paar Tagen nahe null sein", erklärte er am 26. Februar. Heute sind es eine halbe Million. Am 9. März twitterte er, dass im vergangenen Jahr 37 000 Amerikaner an der gewöhnlichen Grippe gestorben seien. Nichts sei deshalb stillgelegt worden. "Momentan gibt es 546 bestätigte Corona-Fälle und 22 Tote. Denkt mal drüber nach!" Sein Ruf nach Kontaktsperren kam viel zu spät. Aktuell preist er jeden Tag ein ungeprüftes Malariamedikament als Heilmittel an.
Die größten Corona-Versager kommen aber von der italienischen Lega, der Partei von Matteo Salvini. Sie führt die Regierung in der Lombardei, wo das Virus am ärgsten wüten konnte. Rund die Hälfte aller Corona-Toten Italiens stammt aus dieser Region. Noch am 8. März entschied dort die Lega-Regierung, "leicht erkrankte" Corona-Patienten in Seniorenwohnheimen unterzubringen. Ein tödlicher Fehler, durch den unzählige alte Menschen infiziert wurden und starben. "Wer sich dem widersetzt hätte, hätte die Förderung verloren, also hielten alle den Mund", erklärte jetzt ein Leiter von 400 Seniorenresidenzen.
Der Tod von 70 Bewohnern einer Mailänder Seniorenresidenz soll vertuscht worden sein. Ein Mitarbeiter im Haus, der dem Pflegepersonal früh Mundschutz und strenge Hygiene vorschreiben wollte, wurde zeitnah gekündigt. Man wolle keine Panik entstehen lassen, hieß es. Die Lega schwächte zudem die öffentlichen Krankenhäuser und förderte Privatkliniken. Dummerweise stellen die Privaten aber nur acht Prozent der so wichtigen Intensivbetten.