Heiko Maas: «Wie im Flugzeug: Jeder sollte erst seine Maske aufsetzen, bevor er anderen hilft»
Bundesaußenminister Heiko Maas verteidigt das Vorgehen Deutschlands und Europas in der Coronakrise. China und die USA seien hingegen keine Vorbilder.
Bundesaußenminister Heiko Maas kritisiert im Gespräch mit dem SPIEGEL die USA, China und Ungarn für ihr Vorgehen in der Coronakrise: "China hat zum Teil sehr autoritäre Maßnahmen ergriffen, in den USA wurde das Virus dagegen lange verharmlost", sagt der SPD-Politiker. "Das sind zwei Extreme, die beide nicht Vorbild für Europa sein können." Die Maßnahmen in Europa zeigten, "dass auch liberale Demokratien einschneidende Maßnahmen verhängen können". Maas ruft dazu auf, sich gegen negative Propaganda zu wehren und die EU nicht schlechtzureden: "Was soll das Gejammere, dann sind wir doch selbst schuld."
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SPIEGEL: Herr Minister Maas, Sie sind vor der Coronakrise so viel gereist, dass Sie sogar Ihre Vorgänger Hans-Dietrich Genscher, Joschka Fischer und Frank-Walter Steinmeier in jährlichen Flugkilometern überholt haben. Jetzt reisen Sie gar nicht mehr. Leidet darunter die Außenpolitik?
Maas: Außenpolitischer Erfolg bemisst sich auch in normalen Zeiten nicht nach Flugkilometern. Aber es braucht Vertrauen und persönliche Begegnungen. Zurzeit kommuniziere ich mit meinen EU-Partnern und den internationalen Akteuren, wie wir das in diesem Interview tun: per Telefon und Videokonferenz. Das ist gewöhnungsbedürftig. Ich schaue meinen Kolleginnen und Kollegen lieber richtig in die Augen.
SPIEGEL: Gerade die Europäische Union lebt von langen, intensiven Sitzungen, nächtlichen Verhandlungen und kluger Moderation. Wie sinnvoll sind Treffen der EU-Außenminister, wenn in der Videokonferenz jeder reihum seine vorbereiteten Sprechzettel abliest?
Maas: (lacht) Auch bei den physischen Treffen lesen einige Sprechzettel vor. Was wegfällt, sind die vielen bilateralen Gespräche am Rande. Die sind oft mindestens genauso wichtig wie die eigentliche Sitzung. Wir schalten uns als EU-Außenminister jetzt sogar häufiger, nämlich alle zwei Wochen, zusammen. Natürlich geht es da jetzt vor allem um Corona, aber immer auch um ein weiteres außenpolitisches Thema. Die Krisen und Kriege in unserer Nachbarschaft dürfen auch in diesen Zeiten nicht unter den Tisch fallen.